Rau-, Kraft-, Saftfutter – was ist der Unterschied?

Jedes Kind weiß – Pferde fressen Gras und Heu. Dann gibt es da aber noch Hafer, Müsli, Mineralfutter, Karotten, Äpfel, Rübenschnitzel und noch vieles mehr.

Aber was und wie viel davon gesund für unsere Vierbeiner ist, weiß leider nicht jeder. Übergewicht, Hufrehe und Koliken sind so vorprogrammiert.

Die Vorfahren unserer Lieblinge sind kilometerweit über die Steppe gelaufen. Gegrast wurde permanent und dabei sehr energiearmes und mageres Steppengras gefressen.
Unsere heutigen Pferde haben da schon eine ganz andere Auswahl auf ihrem Speiseplan.

Man unterscheidet 3 Futtergruppen:

  1. Raufutter
  2. Kraftfutter
  3. Saftfutter

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1. Raufutter

Das Raufutter kann man unterteilen in trockenes (Heu, Stroh) und feuchtes Raufutter (z.B. Heulage).
Raufutter bildet die lebensnotwendige Basis jeder Pferdefütterung. Es ist faser-/struktur-/ cellulosereich und relativ energiearm.

Vom trockenen Raufutter, also von Heu und Stroh, sollten eure Pferde immer ausreichend und nach Belieben zur Verfügung haben, um eine intakte Verdauung zu gewährleisten. Man sagt, dass ein Pferd mindestens 0,5kg besser noch 1kg kaufähige Rohfaser, also Heu und Stroh, pro 100kg Körpergewicht pro Tag fressen soll. Also ein Pferd mit 500kg muss pro Tag 5kg Heu und Stroh fressen können.

Der Pferdemagen ist ganz anders wie unser Magen. Der Pferdemagen ist darauf ausgelegt permanent kleinere Futtermengen zu verarbeiten. Durch die Kaubewegung wird der Speichelfluss angeregt, der wiederum den pH-Wert im Pferdemagen konstant hält – der pH Wert der Pferdemägen, wie auch unser Magen, liegt bei 1 und ist damit extrem sauer. Durch den Speichel, dessen pH Wert im alkalischen Bereich liegt, kann die Magensäure etwas gepuffter werden. Hat ein Pferd länger als 4h kein Futter droht eine Übersäuerung. Ein klassisches Anzeichen für eine Gastritis, also eine Magenschleimhautentzündung, die durch eine Übersäuerung des Pferdemagens schnell entstehen kann, ist das „Leerkauen“ oder auch Zähneknirschen. Dadurch wird der Speichelfluss angeregt und kann so, wie vorher beschrieben, die Magensäure puffern.
Nicht nur für die Verdauung ist es wichtig, sondern auch um die Pferde zu beschäftigen und so Langeweile zu vermeiden, die zu blöden Macken wie Kopfnicken oder Koppen führen kann (v.a. bei alleinstehenden Boxenpferden ohne genügend Auslauf und Beschäftigung). Bei Offenstall-/Herdenhaltung ist Langeweile eher selten gegeben, aber auch hier gilt – 24h Zugang zu Heu und/oder Stroh trägt zu einer intakten Verdauung und zufriedenen Pferden bei.

2. Kraftfutter

Dazu zählen Getreidearten, wie Hafer, Gerste, Mais und Müsli.

Hafer ist gegenüber anderen Getreidearten relativ energie- und eiweißarm und ist sehr gut verträglich für unsere Vierbeiner. Pferde können die Nährstoffe des Hafers fast vollständig verwerten.

Gerste ist dagegen deutlich energiereicher und schlecht verdaulich.

Mais ist eiweiß- und rohfaserarm, aber dafür ziemlich fettig und schwer verdaulich. Mais könnt ihr übrigens nur behandelt verfüttern, also z.B. in Form von Flakes.

Müsli gibt es in allen erdenklichen Mischungen und ist meist auch Haferfrei. Oft enthalten die Mischungen zusätzlich zum Getreide auch noch Luzerne (energiereicher und höherer Fettgehalt als Heu), Kerne und meist auch Melasse (Rohrzuckersirup). Der Zusammensetzung sind keine Grenzen gesetzt – Müsli mit Alpenkräutern und Knoblauch oder ganz ohne Getreide, für Jungspunde oder betagte Rentnerpferde – für jeden ist etwas dabei.

Je nachdem was ihr mit dem Kraftfutter bezwecken wollt, also z.B. eine schnelle Energiezufuhr vor oder nach einem anstrengenden Training oder als Zusatz zum täglichen Raufutter, müsst ihr auf die Zusammensetzung achten. Je mehr Rohfaser das Müsli enthält, desto weniger Energie liefert es aber im Gegenzug sind mehr Vitamine und Mineralien enthalten – also perfekt für das Freizeitpferd mit leichter Tätigkeit bzw. für leichtfuttrige Rassen, wie meine Islandpferde, geeignet. Trotzdem sollte Kraftfutter und Müsli keinen großen Platz auf dem täglichen Speiseplan einnehmen. Wenn ihr mit euren Pferden Distanzreiten betreibt oder auf Turnieren startet, brauchen eure Vierbeiner natürlich mehr Energie und Eiweiß, also auch mehr Kraftfutter.

Die tägliche Kraftfuttermenge sollte 0,5kg pro 100kg Körpergewicht nicht übersteigen. Maximal sollte also ein Pferd mit 500kg pro Tag 2,5kg Kraftfutter bekommen.

3. Saftfutter

Zum Saftfutter werden Futtermittel mit hohem Wassergehalt gezählt, wie z.B. Gras, Rübenschnitzel, Gemüse und Obst.

Zuckerrübenschnitzel sind sehr faserreich und appetitanregend, also gut für zu dünne Pferde geeignet. Der hohe Kalium- und Pektingehalt sind zudem gut für eine gesunde Darmflora.

Rote Beete mag nicht jedes Pferd, ist aber reich an Vitaminen und Mineralstoffe, wie Zink, Eisen und Phosphor. Die rote Knolle stärkt das Immunsystem, ist gut für Haut und Schleimhäute und schützt die Zellen.

Karotten kann man roh oder als Chips verfüttern. Aus dem enthaltenen Beta-Carotin bildet der Pferdeorganismus Vitamin A, das wichtig für das Immunsystem und die Schleimhäute ist. Zudem helfen Karotten gegen Durchfall und Kotwasser.

Äpfel sind reich an Ballaststoffen, die gut für die Pferdeverdauung sind, sowie reich an Vitamin C. Übrigens können Pferde Vitamin C selbst im Darm produzieren – wir Menschen können das nicht und müssen die Askorbinsäure über die Nahrung aufnehmen.

Bei Bananen solltet ihr vorsichtig sein. Das Obst ist zwar reich an Kalium, Calcium und Magnesium – gut für die Funktionsfähigkeit der Zellen und wirken gegen Durchfall, leider enthält es aber auch sehr viel Zucker. Und der ist alles andere als gesund für unsere Pferde. Gesunde Pferde können eine halbe bis eine ganze Banane (je nach Größe eurer Vierbeiner) am Tag fressen.

Jetzt habt ihr zumindest eine Übersicht, welche Futtermittel es gibt und was ihr beachten solltet. Wie ich bereits oben erwähnt habe, kommt es immer darauf an, welche Rasse euer Pferd ist (also leichtfuttrige Rassen, wie Kaltblüter, Islandpferde, Ponys oder eben schwerfutterige Rassen z.B. Vollblüter) und welche körperlichen Betätigungen täglich anstehen. Ein Turnierpferd braucht deutlich mehr energiereiches Futter während der Trainings- und Turnierphase, also während seiner „Winterpause“. Ein Pony, dass 2x die Woche für Kinderreiten verwendet wird, braucht so gut wie kein Kraftfutter.
Meinen zwei Damen füttere ich z.B. nur nach getaner und anstrengender Arbeit Kraftfutter. Werden sie nicht geritten reichen Heu und ab und zu eine Handvoll Karotten vollkommen aus. 🙂